Die Leber wächst und schrumpft im Verlauf eines Tages
GENF - Forschende der Uni Genf haben bei Mäusen entdeckt, wie sich die Leber an die wechselnden Essens- und Fastenzeiten im Tages- und Nachtverlauf anpasst: Die Leber wächst tatsächlich mit ihren Aufgaben. Und schrumpft nachher wieder.
Viele Körperfunktionen folgen einem 24-Stunden-Rhythmus, der "inneren Uhr". So auch die Leber mit ihren Aufgaben für Stoffwechsel und Blutreinigung. Mehr als 350 daran beteiligte Gene werden rhythmisch aktiviert und wieder abgeschaltet.
"Viele davon werden auch durch den Rhythmus von Nahrungsaufnahme und körperlicher Aktivität beeinflusst, und wir wollten verstehen, wie sich die Leber an diese Fluktuationen anpasst", erklärte Ueli Schibler von der Universität Genf gemäss einer Mitteilung der Hochschule von Donnerstag. Dieser Frage gingen er und sein Team bei Mäusen nach. Die Tiere sind nachts aktiv und fressen; tagsüber ruhen sie.
Mehr als 40 Prozent Zunahme
Die Wissenschaftler beobachteten, dass die Grösse der Leber während der aktiven Phase allmählich zunahm, bis sie am Ende der Nacht um mehr als 40 Prozent grösser war als zu Anfang. Tagsüber schrumpfte sie wieder auf die alte Grösse zusammen, wie die Forscher im Fachblatt "Cell" berichten.
Wie das funktioniert, untersuchten Schibler und sein Team gemeinsam mit Kollegen des Nestlé Institute of Health Sciences (NIHS) und der Universität Lausanne. Demnach nehmen die Grösse der Maus-Leberzellen und die Mengen der in ihnen enthaltener Proteine im Verlauf der aktiven Phase zu. Auch die Anzahl "Proteinfabriken" ("Ribosomen" genannt) in diesen Zellen schwankt im Tag-Nacht-Rhythmus.
Nahrungsaufnahme entscheidend
Interessanterweise verschwanden diese Fluktuationen fast völlig, wenn die Forschenden die Mäuse tagsüber fütterten, also entgegen von der inneren Uhr der Tiere. "Trotzdem nehmen die Tiere ähnliche Mengen Nahrung zu sich, egal ob sie während der Nacht oder am Tag gefüttert werden", sagte Frédéric Gachon vom NIHS gemäss der Mitteilung.
Die Ergebnisse könnten auch für den Menschen von Bedeutung sein, insbesondere für solche, die aufgrund von Schichtarbeit oder sozialen Aktivitäten nicht ihrer inneren Uhr entsprechende Essens- und Fastenzeiten, sowie Aktivitäts- und Ruhephasen einhalten. Das könnte den natürlichen Rhythmus der Leber durcheinander bringen, vermuten die Forscher.
Dass auch die menschliche Leber im 24-Stunden-Rhythmus regelmässig wachsen und schrumpfen könnte, habe bereits eine Studie aus dem Jahr 1986 angedeutet, schreibt die Uni Genf: Dabei wurde mittels Ultraschall das Volumen der Leber bei Gesunden und Patienten mit alkoholgeschädigter Leber während mehrerer Stunden beobachtet. Bei den gesunden Probanden entdeckten die Forscher damals ebenfalls rhythmische Schwankungen des Lebervolumens.
Fachartikelnummer - DOI: 10.1016/j.cell.2017.04.015
Quelle: SDA - 04.05.2017, Copyrights Bilder: Fotolia.com