Wie verhandelt man mit seinem Arbeitgeber in der Offizinpharmazie über das Gehalt?

12 Regeln für gute Verhandlungen


Wenn Sie als Bewerber/in oder Mitarbeiter/in mit einem Vorgesetzten über das Gehalt verhandeln, kann dies einschüchternd wirken und ist selten einfach. Die Gehaltsverhandlung in der Offizinpharmazie gehört aber, wie auch in allen anderen Branchen, sowohl bei der Einstellung als auch bei bereits angestellten Mitarbeitenden dazu. Denken Sie daran, dass Verhandeln ein normaler und zu erwartender Bestandteil der Arbeitssuche oder des beruflichen Aufstiegs ist. Laut dem amerikanischen Spezialisten für Krisenverhandlungen Chris Voss, der über 20 Jahre lang für das FBI gearbeitet hat, bedeutet Verhandeln nicht, jemanden einzuschüchtern oder zu unterdrücken, sondern sich auf das emotionale Spiel einzulassen, das die menschliche Gesellschaft regelt. Seine These ist übrigens, dass der emotionale Aspekt wichtiger ist als die rationale Seite. Die Gehaltsverhandlung wird oft am Ende des ersten Vorstellungsgesprächs oder ab dem zweiten Vorstellungsgespräch angesprochen; sie ist eindeutig ein wesentlicher Bestandteil des Vorstellungsgesprächs und kann die Entscheidung bei beiden Parteien deutlich beeinflussen.

Erfahren Sie 12 nützliche Tipps, die Ihnen helfen, in der Offizinpharmazie besser zu verhandeln.

1. Recherchieren Sie das Gehalt. Bevor Sie mit den Verhandlungen beginnen, sollten Sie sich über das Durchschnittsgehalt für Ihren Beruf (z.B. Apotheker/in, Pharma-Assistent/in, Drogist/in), aber auch für Ihre Region informieren. Sie können sich auch bei einem Berufsverband in Ihrem Kanton oder bei pharmaSuisse erkundigen. Zögern Sie auch nicht, auch Ihre ehemaligen Kurs- oder Universitätskollegen direkt zu kontaktieren.

2. Beurteilen Sie Ihren Stellenwert und kommunizieren Sie angemessen: Erklären Sie, warum ein solches Gehalt gerechtfertigt ist. Berücksichtigen Sie Ihre Erfahrung, Ihre Fähigkeiten und die einzigartigen Beiträge, die Sie zur Arbeitsstelle leisten können. Seien Sie bereit, zu erklären, warum Sie das von Ihnen geforderte Gehalt verdienen. Es ist auch wichtig, dass Sie in die Zukunft blicken können, indem Sie deutlich machen, was Sie für die Apotheke beitragen können (z.B. Umsatz, starke Beziehungen zu Kunden und Mitarbeitenden usw.). Seien Sie darauf vorbereitet, auf eine Frage wie «Was können Sie denn in die Apotheke einbringen?» zu antworten. Nennen Sie nicht nur Ihre Wünsche (z.B. ein höheres Gehalt), sondern erklären Sie genau, warum diese gerechtfertigt sind und wozu Sie bereit sind, damit Sie dieses Gehalt bekommen. Verwenden Sie daher häufig den Satz: «Der Grund, warum ich dies möchte, ist...». Es ist wenig zielführend, mehr Lohn zu fordern, nur weil man älter ist oder eine Kollegin einen bestimmten Lohn hat. Wenn dank gezielter Fort- oder Weiterbildung gewisse Dienstleistungen durchgeführt werden können oder dank spezifischer Erfahrung bei Beratungen mehr Umsatz generiert werden kann, lässt sich ein Lohnwunsch auch rechtfertigen.

3. Üben Sie Ihr Auftreten und seien Sie gut vorbereitet. Bereiten Sie vor, was Sie sagen wollen, und üben Sie es. Es kann hilfreich sein, dies vor einem Spiegel, mit einer Freundin oder einem Familienmitglied zu tun, um Selbstvertrauen zu gewinnen. Sie sollten sehr gut vorbereitet sein, sowohl wenn es um eine mögliche Anstellung geht als auch um eine mögliche Beförderung oder einfach nur um eine Gehaltserhöhung, die Sie Ihrer Meinung nach verdient haben. Scheuen Sie sich an einem Punkt des Gesprächs auch nicht, eine Frage wie «Was braucht man, um in dieser Apotheke erfolgreich zu sein? » zu stellen. Sie sollten die Ziele der Stelle genau zu kennen, um dann zu gegebener Zeit ein gutes Gehaltsangebot machen zu können.
Das Ziel ist, dass Sie darauf vorbereitet sind, auch auf schwierige Fragen zu antworten (z.B.: "Stehen Sie in Verhandlungen mit einer anderen Apotheke?").

4. Seien Sie professionell mit einem positiven Auftreten. Behalten Sie bei den Verhandlungen einen professionellen und positiven Tonfall bei. Zeigen Sie sich begeistert von der Idee, für die Apotheke zu arbeiten, und erklären Sie, warum Sie die richtige Kandidatin sind. Vermeiden Sie jegliche Aggressivität. Konzentrieren Sie sich nicht auf eine einzige Frage, die Sie verunsichern könnte, sondern berücksichtigen Sie den gesamten Verlauf der Verhandlung und die Absicht des Personalverantwortlichen. Anders ausgedrückt: Manchmal steckt hinter einer komplizierten Frage eines Personalverantwortlichen keine böse Absicht. So kann ein Arbeitgeber, der Sie fragt, ob Sie ein Angebot innerhalb von 24 Stunden sofort annehmen würden, einfach nur wissen wollen, ob Sie wirklich von der Stelle begeistert sind, und nicht versuchen, Sie unter Druck zu setzen, wie ein Artikel in der Harvard Business Review feststellt (siehe Referenz am Ende des Artikels). Akzeptieren Sie es auch, wenn ein Arbeitgeber nicht einverstanden ist. Fragen Sie aber nach den Gründen, weshalb ein höherer Lohn aktuell nicht möglich ist. 

5. Verstehen Sie die Person, mit der Sie verhandeln. Nicht Unternehmen verhandeln, sondern Menschen. Im Verkauf gibt es zunehmend die Vorstellung, dass die Konzepte B2C (Business-to-Customer, Geschäft zu physischem Kunden) oder B2B (Business-to-Business, Geschäft zu Geschäft) etwas überholt sind. Das bedeutet, dass man immer noch H2H (von Mensch zu Mensch) verhandelt. Die erste Regel ist, dass Sie die Person, mit der Sie verhandeln wollen, gut verstehen müssen. Zum Beispiel, welche individuellen Interessen oder Anliegen diese Person hat. Wenn Sie mit einer Apothekenkette verhandeln, kann die Herangehensweise zwischen einem Apothekenleiter, einer Mitarbeitenden der Personalabteilung oder der Leiterin der Personalabteilung unterschiedlich sein. Seien Sie auch realistisch: Das Geld kommt nicht vom Himmel! Nur, weil es Phasen von Fachkräftemangel gibt, können die Apotheken nicht zaubern und sie schwimmen auch nicht im Geld. Die Mieten sind gestigen, die Margen sinken. Kurz gesagt: Bereiten Sie Ihre Argumentation entsprechend der Person vor, mit der Sie verhandeln werden und zeigen Sie auch Verständnis für deren Argumente.

6. Seien Sie freundlich. Wenn Sie als Angestellte über ein höheres Gehalt verhandeln oder auch während der Gehaltsverhandlung im Allgemeinen, ist es wichtig, dass Sie freundlich auftreten. Der Harvard-Professor Deepak Malhotra vertritt in einem Artikel in der Harvard Business Review vom April 2014 die Ansicht, dass man sich nur dann für ein höheres Gehalt einsetzen wird, wenn man den Gegenüber als sympathisch findet. Mit anderen Worten: Alles, was Sie in einer Verhandlung tun und was Sie weniger sympathisch erscheinen lässt, verringert die Wahrscheinlichkeit, dass die andere Seite Ihnen ein besseres Angebot macht. Um die Sympathie zu steigern, üben Sie Ihre Rede z.B. mit einem Freund (lesen Sie dazu auch Punkt 3 oben und schauen das Video, sh. unten). 

7. Beginnen Sie mit einer höheren Forderung. Etwas mehr zu verlangen, als Sie wirklich wollen, ist oft die Grundlage für jede Verhandlung. Das ist nicht nur auf dem Basar so, sondern auch bei Lohnverhandlungen. Das gibt Ihnen Spielraum, um zu verhandeln und zu einem Gehalt zu kommen, mit dem beide Seiten zufrieden sind. Denken Sie daran, dass es sich um ein Spiel oder zumindest um einen normalen Ablauf handelt und bleiben Sie ruhig. Darüber hinaus empfehlen einige Experten für Gehaltsverhandlungen auch, niemals den ersten Vorschlag oder das erste finanzielle Angebot des Arbeitgebers anzunehmen - das ist vielleicht etwas radikal, kann aber durchaus Sinn machen. Denn viele Arbeitgeber wissen, dass Sie verhandeln werden, und lassen daher einen kleinen Spielraum. Aber bedenken Sie auch, dass eine gesunde und gute Beziehung zum Arbeitgeber auf die Dauer oftmals wichtiger sind als ein paar Hundert Franken mehr Lohn.

8. Berücksichtigen Sie unbedingt auch an die nicht-gehaltsbezogenen Leistungen. Manchmal kann die Offizinapotheke das Gehalt aus wirtschaftlichen Gründen nicht erhöhen. Aber sie kann andere Formen der Vergütung anbieten, z.B. mehr Urlaub, mehr Verantwortung, Mitspracherecht bei Entscheidungen, das Ausführen interessanterer Aufgaben, einen Parkplatz, gute Einkaufskonditionen, spezielle Versicherungen oder Benefits, Verpflegung (Kaffee, Getränke), bezahlte Weiterbildungen oder flexiblere Arbeitszeiten. Sehr oft entsteht Arbeitszufriedenheit durch andere Faktoren als nur durch das Gehalt.

9. Verhandeln Sie alles auf einmal. Anstatt in kleinen oder mehreren Schritten zu verhandeln, sollten Sie versuchen, möglichst alles auf einmal zu erledigen. Verhandeln Sie nicht über das Gehalt und später im Gespräch über Weiterbildung und Urlaub. Das ist unprofessionell und in der heutigen hektischen Zeit nicht zielführend. Das kann schwierig sein, aber für die Arbeitgeberin oder Personalverantwortliche ist es einfacher, wenn Sie ein Gesamtbild (big picture) von dem haben, was Sie wollen. Kurz gesagt, versuchen Sie drei wichtige Punkte in denselben Monolog einzubringen (z.B. Gehalt, Fortbildung und Ferien). Der Arbeitgeber kann sich dann ein gutes Bild von Ihren Wünschen machen. Vermeiden Sie es, dem Arbeitgeber zu sagen: «Das Gehalt ist etwas niedrig. Könnten Sie es etwas erhöhen?». Sobald der Arbeitgeber einer Gehaltserhöhung zustimmt, kommen Sie mit weiteren Wünschen: «Es gibt noch zwei Dinge, die ich Sie gerne fragen würde ...». Kurz gesagt: Seien Sie organisiert, prägnant und transparent.

10. Wissen Sie, wann Sie aufhören müssen. Wenn das Unternehmen (die Apotheke) Ihre Erwartungen wirklich nicht erfüllen kann und Sie alle Optionen ausgelotet haben, ist es wichtig zu wissen, wann es an der Zeit ist, das Angebot anzunehmen oder höflich abzulehnen. Denken Sie aber daran, dass das, was heute nicht verhandelbar ist, in der Zukunft verhandelbar sein kann. Beispielsweise kann die Arbeitgeberin (wenn über eine Beförderung innerhalb des Unternehmens verhandelt wird) einige Monate später aufgrund neuer Umstände seine Meinung ändern. 

11. Bitten Sie um Bedenkzeit. Wenn ein Gehaltsvorschlag gemacht wird, ist es völlig in Ordnung, um Bedenkzeit zu bitten. Das gibt Ihnen die Gelegenheit, das Angebot als Ganzes zu bewerten und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Vermeiden Sie es jedoch, ein Ultimatum zu stellen. Anders ausgedrückt: Setzen Sie den Arbeitgeber niemals unter Druck.

12. Denken Sie an das Timing, wenn Sie mehrere Angebote haben. Wenn Sie sich auf mehrere Stellenangebote oder Positionen bewerben, versuchen Sie, das Timing zu optimieren. Um in einer starken Position zu sein, schicken Sie Ihre Bewerbung gleichzeitig an mehrere Apotheken. Sorgen Sie dann dafür, dass die Gehaltsverhandlungen für die verschiedenen offenen Stellen möglichst zur gleichen Zeit stattfinden. Wenn Sie sehen, dass ein Arbeitgeber eine dringende Antwort von Ihnen verlangt, können Sie versuchen, sich Zeit zu lassen, indem Sie zum Beispiel um ein weiteres Vorstellungsgespräch bitten. Wichtig: Täuschen Sie die Arbeitgeber nicht und seien Sie so transparent wie möglich. Weisen Sie darauf hin, dass es schwierig ist, auf dem Markt eine/n Mitarbeiter/in mit Ihrer Erfahrung zu finden, und dass Sie bereits mehrere interessante Angebote erhalten haben. Schliesslich sollten Sie, wenn Sie mehrere Vorstellungsgespräche führen, nicht zögern, den von Ihnen bevorzugten Arbeitgeber (Apotheke) zu kontaktieren und ihn darüber zu informieren, dass andere Apotheken an Ihrer Bewerbung interessiert sind. So können Sie auch sehen, wie gross das Interesse der von Ihnen bevorzugten Apotheke an Ihrer Bewerbung ist. Aber übertreiben Sie es nicht: Bedenken Sie, dass auch die Unternehmen verschiedene Kandidat/innen einladen...

19. Juni 2024 (aktualisiert). Von Xavier Gruffat, Apotheker und Mitgründer von Pharmapro.ch. Dies ist die Version 2.2 des Artikels. 

Quellen: 
- CHRIS VOSS, Never Split the Difference: Negotiating as if Your Life Depended on It, New York, Random House Business, 2016
- PLUSIEURS AUTEURS, HBR Guide to Your Job Search, Boston, Harvard Business Review Press, 2024.

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