Studie: Herzmedikamente mit Digitalis erhöhen Sterblichkeit
FRANKFURT / MAIN - Gängige Herzmedikamente aus der Fingerhut-Pflanze bergen anscheinend grössere Gefahren als bislang bekannt. Einer Studie zufolge steigern Medikamente mit dem Inhaltsstoff die Sterblichkeit von Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz um durchschnittlich 21 Prozent.
Das berichtet ein Team um den Kardiologen Stefan Hohnloser vom Universitätsklinikum Frankfurt im "European Heart Journal". Die Mediziner werteten 19 Studien zum Wirkstoff Digitalis aus den Jahren 1993 bis 2014 aus. Sie enthalten Daten von mehr als 326'000 Patienten, die wegen Vorhofflimmern oder Herzinsuffizienz behandelt wurden.
Bei Herzkranken, die Digitalis erhielten, lag die Sterblichkeit um insgesamt 21 Prozent höher als bei jenen Patienten, die andere Medikamente genommen hatten. Bei Vorhofflimmern war die Gefährdung um 29 Prozent gesteigert, bei Herzinsuffizienz um 14 Prozent.
Datenlage unbefriedigend
Zusätzlich gebe es Wechselwirkungen von Digitalis mit anderen Medikamenten. Die Autoren kritisieren, dass die Empfehlungen für Digitalis auf einer "hochgradig unbefriedigenden derzeitigen Datenlage" beruhen. Bis gute Studien vorlägen, "sollte Digitalis mit grosser Zurückhaltung angewandt werden", raten sie.
In Deutschland sind mehrere Medikamente mit den Digitalis-Derivaten Digoxin und Digitoxin zugelassen, in der Schweiz nur ein Produkt mit Digoxin. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) prüfe bereits die Risiken, sagte ein Sprecher des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am Dienstag.
Eine potenziell gefährliche Wechselwirkung zwischen Digoxin und dem Herzmedikament Dronedaron sei bereits bekannt, sagte der Sprecher weiter. "Ärzte kennen dieses Risiko bereits und sollten es bei der Behandlung ihrer Patienten (...) beachten." Dem BfArM wurden seit 1978 insgesamt 20 Verdachtsfälle zu der Wechselwirkung gemeldet, darunter ein Todesfall.
Nicht eigenhändig absetzen
Patienten, die Digitalis-Medikamente nehmen, sollten sie aber nicht eigenständig absetzen, rät die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. "Sie sollten sich mit ihrem Arzt zusammensetzen und prüfen, ob es sinnvoll ist, sie weiterzunehmen", sagte Stephan Willems vom Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg.
Es gebe durchaus Alternativen zu Digitalis-Präparaten. Ob aber gut eingestellte Patienten ihr Medikament wechseln sollten, hänge vom Einzelfall ab. "Einen neuen Patienten auf Digitalis einzustellen, ist heute nicht mehr sinnvoll, das kann man sicher sagen." Der Wirkstoff könne zudem leicht überdosiert werden.
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Quelle: SDA - 05.05.2015
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