Gewichtsverlust: Wie funktionieren Ozempic® und Wegovy®?
Vor allem Ozempic® und Wegovy® sorgen immer wieder für Schlagzeilen in den internationalen Medien und vor allem in den sozialen Netzwerken. Die Zahl der «Vorher – Nachher» Beiträge auf Instagram oder TikTok nach der Einnahme dieser Medikamente geht in die Millionen, unter anderem auch von Prominenten wie Elon Musk. Beide Medikamente, die wöchentlich als Injektion verabreicht werden, basieren auf Semaglutid, einem antidiabetischen Molekül, das zur Familie der GLP-1-Rezeptor-Agonisten gehört. Semaglutid wurde ursprünglich vom dänischen Pharmaunternehmen Novo Nordisk für Diabetespatienten entwickelt, aber sowohl die Industrie als auch die Patienten sahen eine ungewöhnliche Nebenwirkung, nämlich Gewichtsverlust. Dazu muss man wissen, dass in mehreren Ländern Ozempic® speziell für Typ-2-Diabetes mit oder ohne Übergewicht und das höher dosierte Wegovy® für Fettleibigkeit indiziert ist. Wegovy® kann zu einem Gewichtsverlust von 15 bis 18 % führen. Aber wie wirkt Semaglutid?
Semaglutid und GLP-1
Semaglutid (englisch: semaglutide) ist ein synthetisches Hormon, das aus 31 Aminosäuren besteht und wie Glucagon-Like-Petptid 1 (GLP-1) wirkt. Man spricht auch von einem lang wirksamen Analogon von GLP-1 mit einer Sequenzhomologie von 94 %. Wie auf der Abbildung unten sichtbar, ist Semaglutid ein sehr grosses Molekül im Gegensatz zu kleinen Molekülen wie Paracetamol (nur wenige Atome). Wie alle Hormone agiert GLP-1 als Botenstoff zwischen verschiedenen Organen, z. B. zwischen dem Darm und dem Gehirn. Jedes Mal, wenn wir Nahrung zu uns nehmen, geben Darmzellen GLP-1 in den Blutkreislauf ab. Wenn GLP-1 die Bauchspeicheldrüse erreicht, setzt dieses Organ Insulin frei, ein Hormon, das für die Regulierung des Blutzuckerspiegels entscheidend ist. GLP-1 hemmt auch die Freisetzung von Glukagon, was zu einer geringeren Freisetzung von Glukose aus der Leber führt. Zu beachten gilt ausserdem, dass der Körper bei Einnahme von Semaglutid, auf natürliche Weise mehr GLP-1 produziert. Dies wirkt sich als positive Dynamik auf die Gewichtsabnahme und auf verschiedene Stoffwechselprozesse aus.
Gehirn und Magen
Aber die vielleicht aussergewöhnlichste Eigenschaft von GLP-1 und auch von Semaglutid besteht darin, dass diese Moleküle im Gehirn auf der Ebene des Hypothalamus wirken, indem sie das Sättigungsgefühl steigern. Mit anderen Worten: Nach der Einnahme von Semaglutid hat man viel weniger Hunger. Der genaue Mechanismus auf der Ebene des Gehirns ist allerdings noch nicht vollständig geklärt. GLP-1 (und Semaglutid) verlangsamen auch die Entleerung des Speisebreis im Magen. Dieser Effekt ist für die Gewichtsabnahme und die Bekämpfung von Diabetes wichtig, da dadurch die Geschwindigkeit, mit der die Glukose in den Blutkreislauf gelangt, verringert wird. GLP-1-Rezeptor-Agonisten verursachen tendenziell weniger Hypoglykämien, da ihre Wirkung nur bei einem Anstieg des Glukosespiegels eintritt.
Semaglutid-Molekül (Bildnachweis: Adobe Stock)
Negative Auswirkungen und ein ernsthaftes Langzeitproblem
Auch wenn die Auswirkungen auf die Gewichtsabnahme und die Bekämpfung von Diabetes sehr positiv erscheinen, kann Semaglutid zu Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen und Verstopfung führen. Professor Robert Doyle von der Syracuse University in den USA, der gerade an Molekülen gegen Fettleibigkeit mit weniger Nebenwirkungen arbeitet, stellt fest: «Innerhalb eines Jahres brechen 80 bis 90 % der Personen, die mit der Einnahme dieser Medikamente (Anm. d. Red.: GLP-1-Analoga wie Semaglutid) beginnen, diese Behandlung ab.» Semaglutid ist zudem in bestimmten Fällen kontraindiziert, z. B. bei Personen mit Pankreatitis.
Der Artikel wurde am 30. März 2023 aktualisiert. Von Xavier Gruffat (Dipl. Apotheker ETH Zürich, Schweiz). Quellen: The Wall Street Journal, Cleveland Clinic, NZZ.ch, Pharmawiki.ch, vollständiger Artikel on Creapharma.ch über Semaglutide, MSN.com.