Generika sind in der Schweiz fast doppelt so teuer wie im Ausland
BERN - In der Schweiz sind Generika rund doppelt so teuer wie Nachahmerprodukte im vergleichbaren Ausland. Bei den Originalpräparaten beträgt der Preisunterschied rund zehn Prozent. Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) fordert die Behörden zum Handeln auf.
Der am Dienstag durch den Branchenverband der forschenden Pharmaindustrie, Interpharma, und den Krankenversicherungsverband santésuisse veröffentlichte Vergleich stützt sich auf die Fabrikabgabepreise vom vergangenen September.
Die rund 200 umsatzstärksten patentgeschützten Originalpräparate der Spezialitätenliste waren demnach mit dem vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) angewandten Wechselkurs von 1.20 Franken pro Euro zehn Prozent teurer als im Ausland. Patentabgelaufene Originalprodukte waren in der Schweiz elf Prozent teurer als im Durchschnitt der Vergleichsländer.
Der Preisvergleich wurde zu dem vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) angewendeten Wechselkurs von 1.20 Franken pro Euro errechnet. Auf den durchschnittlichen Wechselkurs der letzten zwölf Monate umgerechnet würden die Preisunterschiede noch bedeutend grösser ausfallen. Patentgeschützte Medikamente wären demzufolge in der Schweiz fast ein Fünftel teurer als der Durchschnitt der Vergleichsländer.
Für Thomas Cueni, Generalsekretär von Interpharma, ist die jetzige Preisdifferenz denn auch massgeblich auf den erstarkten Franken, aber auch auf die Erweiterung des Länderkorbs zurückzuführen. Umso wichtiger sei die Berücksichtigung des Nutzens mit dem neuen Preisfestsetzungssystem, das nicht mehr nur auf die Preise im Ausland abstelle, sagte er an einer Medienkonferenz in Bern.
Santésuisse äussert sich besorgt über Generikapreise
Santésuisse-Direktorin Verena Nold äusserte sich besorgt darüber, dass Generika in der Schweiz noch rund doppelt so teuer sind wie im Durchschnitt der Vergleichsländer. Der Dachverband der Krankenversicherer erwartet, dass für patentabgelaufene Medikamente ein griffiges Preissystem eingeführt wird. Es könne nicht sein, dass auf Kosten der Prämienzahler derart hohe Preise verlangt würden.
Für den Preisvergleich wurden die Fabrikabgabepreise in der Schweiz mit jenen in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden, Österreich und Schweden für patentgeschützte und patentabgelaufene Medikamente sowie Generika verglichen.
In der Schweiz beläuft sich der Generika-Anteil lediglich auf 17 Prozent gegenüber rund 80 Prozent in Grossbritannien oder Deutschland. Laut Cueni kann in der Schweiz nicht eine Generikapolitik betrieben werden wie etwa in Deutschland. Die Kosten seien generell höher in der Schweiz, sagte er. Dies sei allein schon durch die verschiedenen Packungsgrössen und die jeweils dreisprachigen Packungszettel bedingt. Auch habe ein Arzt die Freiheit, welches Medikament er - unabhängig vom Preis - verschrieben wolle.
Kritik des Konsumentenschutzes
Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat die Medikamentenpreise in der Schweiz als ungerechtfertigt hoch bezeichnet. Der Preisvergleich zeige, dass das gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsprinzip für Leistungen der obligatorischen Krankenversicherung missachtet werde.
Das BAG müsse nun handeln und die Medikamentenpreisfestsetzung gesetzeskonform durchführen. Dadurch könnten bei gleicher Versorgungsqualität laut santésuisse rund 1,2 Milliarden Franken oder vier Prozent der Krankenkassenprämien eingespart werden.
Die Unterschiede der tatsächlich bezahlten Preise seien sogar noch um einiges höher. So seien die Margen in der Schweiz ebenfalls deutlich höher als im Ausland. Dazu komme die Leistungsorientierte Abgeltung beim Kauf in einer Apotheke. Zudem würden Rabatte, die im Ausland gewährt würden, nicht eingerechnet und Länder mit tiefen Preisen wie etwa Italien und Spanien nicht mitberücksichtigt.
Für die Vereinigung der führenden Generikafirmen der Schweiz, Intergenerika, müssten nicht die Preise der Generika gesenkt werden, wenn mit Nachahmerprodukten Kosten reduziert werden sollten, sondern deren Marktanteile erhöht werden. Immer noch werde das grosse Einsparpotenzial von Generika nicht voll ausgeschöpft. Intergenerika geht davon aus, dass das Schweizer Gesundheitswesen um weitere rund 170 Millionen Franken entlastet werden könnte, wenn nach Patentablauf eines Medikamentes konsequent Generika eingesetzt würden.
Quelle: SDA - 15.12.2015