Insulin-Glargin (Lantus®) und mögliches Krebsrisiko?
01.07.2009 - Swissmedic, das Schweizerische Heilmittel- institut, informiert über die neusten publizierten Studien zum Thema Insulin-Glargin (Lantus®) und einem möglichen Krebsrisiko. Um welches Präparat geht es? Für welchePatienten ist Lantus® zugelassen? |
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Welche neuen Informationen gibt es?
In diesen Tagen werden in der Fachpresse vier Studien veröffentlicht. Sie erscheinen in dem Journal „Diabetologia", dem offiziellen Organ der EASD (European Association for the Study of Diabetes), der wichtigsten europäischen Fachgesellschaft bezüglich Diabetes. Diese vier Studien werden verkürzt genannt:
![]() - „Schwedische Studie" (Jonasson und andere) - „Schottische Studie" (SDRN Epidemiology Group) - „Englische Studie" (Currie und andere) |
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Die deutsche Studie berichtet - nach Dosis-Adjustierung - eine dosisabhängige Beziehung zwischen Insulin-Glargin und Krebs. Eine bestimmte Krebsart ragt dabei nicht heraus.
In der schottischen und schwedischen Studie findet sich eine Beziehung zwischen Brustkrebs und der Gabe von Insulin-Glargin alleine (Monotherapie), nicht jedoch der Gabe von Insulin-Glargin zusammen mit einem anderen Insulin (Kombinationstherapie) oder dem Gebrauch von anderen Insulintypen.
Die englische Studie findet keinen Zusammenhang zwischen Krebs (speziell Brustkrebs, Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Prostatakrebs) und dem Gebrauch von Insulin-Glargin oder einem anderen Insulin.
Die Ergebnisse deuten teilweise in die gleiche Richtung, sind jedoch insgesamt uneinheitlich.
Wie erklären sich die Ergebnisse? / Fakten zu den Studien.
Den vier Studien ist gemeinsam, dass sie retrospektiv Patientendaten analysierten. Diese stammten von einer Krankenkasse (Deutschland), einer Datenbank von 300 Allgemeinärzten (England), sieben verschiedenen Registern (z. B.Schweden) und einer landesweiten Diabetes-Datenbank (Schottland). Dem Vorteil einer sehr grossen Datenmenge von sehr vielen Patienten steht der Nachteil gegenüber, dass man rückblickend mit Unsicherheitsfaktoren bzw. Störgrössen umgehen muss. Bekannte Faktoren werden mit bestimmten statistischen Methoden korrigiert. Unbekannte Störgrössen bleiben bestehen. Diese Stärken und Schwächen werden auch in jeder wissenschaftlichen Arbeit diskutiert.
Diese Nachteile kann man umgehen mit einer sogenannten prospektiven randomisierten Studie. Hier werden zuerst die Patienten und die Bedingungen genau ausgewählt, dann unter kontrollierten Bedingungen behandelt und erst dann die Ergebnisse ausgewählt. Die Vorteile dieser Methode führten zu der Bezeichnung „Goldstandard", die bekannten Nachteile sind u.a. die Zeitdauer und die erheblich grösseren Kosten.
In den genannten Arbeiten handelt es sich um eine sogenannte statistische Assoziation. Ebenso wie Insulin-Glargin könnten andere, noch unbekannte Faktoren den erwähnten Beobachtungen zugrunde liegen. Wo eine Risikoerhöhung gefunden wurde, war sie gering.
Wie sind die Ergebnisse zu bewerten.
Die vier Studien hatten eine ähnliche Zielsetzung (mögliches Krebsrisiko), aber jeweils eine andere Gewichtung. Die komplexe Datenmenge erlaubt derzeit keine einheitliche Aussage. Eine ursächliche Beziehung zwischen Insulin-Glargin kann damit weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. In dieser Bewertung befindet sich SWISSMEDIC im Einklang mit der europäischen Behörde EMEA (European Medicines Agency), der EASD (European Association for the Study of Diabetes) sowie der deutschen und französischen Behörden (BfArM bzw. Afssaps).
Wie sollen sich Patienten verhalten?Es besteht heute keine Veranlassung, die Verwendung von Lantus® oder anderen Insulinen zu beenden oder die Dosis zu ändern. Dies gilt insbesondere bei guter Einstellung, welche die beste Gewähr zur Verhinderung der Langzeitschäden durch Diabetes ist. Patienten, die sich durch die neuen Veröffentlichungen verunsichert fühlen, sollten ihren behandelnden Arzt / ihre behandelnde Ärztin fragen, ob eine Änderung der Einstellung zu erwägen ist.
Wie bei jedem Insulin darf eine Behandlung mit Lantus® nur unter ärztlicher Kontrolle umgestellt werden. Für Diabetiker, die nur orale Antidiabetika (in Tablettenform) einnehmen, gelten diese Hinweise nicht, da bei ihnen die Wirkungen über andere Stoffwechselwege erzielt werden.
Wie geht es weiter?
Nach dieser Erstinformation werden diese Studien im Einzelnen zusammen mit Daten aus anderen Quellen weiter ausgewertet und diskutiert. Swissmedic wird über neue Ergebnisse und über notwendige Massnahmen informieren.
Literatur
Die besprochenen Studien finden sich unter den folgenden Links:
EMEA: www.emea.europa.eu
EASD: www.easd.org